Wie verändert sich die Akquisition mit und nach Corona?
Von Marcus Reinert
Um diese Frage zu beantworten, muss man zuerst die „alten“ Wege beschreiben. Wie wurde vor der Corona Krise akquiriert?
Grundsätzlich ist zwischen Push und Pull zu unterscheiden.
Hinter dem Push-Ansatz verbirgt sich der Gedanke, dass der Verkäufer aktiv auf den Kunden zugeht.
Das geschieht zum Beispiel mittels:
1. Kaltakquisition durch Besuch
2. Cold Calls über Telefon
3. Anschreiben einzelner ausgewählter Zielkunden durch Mail oder über andere Kanäle
4. Bearbeitung ehemaliger Kunden
Lange Zeit waren diese Methoden die bevorzugten Methoden speziell im Außendienst von B2B Anbietern. Der Vorteil liegt auf der Hand. Die Aktivität kommt vom Anbieter und der Prozess wird vom Anbieter gesteuert. Die Nachteile sind: Die Aktivität trifft auf Zielkunden, die evtl. bereits einen Lieferanten haben und zufrieden sind oder keinen Bedarf haben. Fazit: Der Aufwand ist besonders groß. Wichtig hierbei ist immer auch der Aufbau eines Beziehungsmanagements.
In der Corona Krise haben sich die Möglichkeiten der Verkäufer deutlich vermindert.
1. Bei der Kaltakquisition bleiben die Türen nun verschlossen. Unangemeldete Besuche waren vor Corona schon schwierig und auch bei den Kunden nicht sehr beliebt. Nun machen es die Corona Kontaktregeln häufig noch schwieriger ein Gespräch zu beginnen.
2. In der Corona Krise ist daher der Anteil an Telefonakquisition deutlich angestiegen. Die Folge, Unternehmen schotten sich immer mehr ab. Durch den verstärkten Einsatz von Microsoft Teams haben viele Mitarbeiter in Unternehmen nur noch Teams-adressen und sind damit nicht mehr von außen erreichbar.
3. Das Anschreiben funktioniert zwar noch, bringt aber meist niedrige Rücklaufquoten.
4. Die Bearbeitung bestehender Kunden (Bestandskunden) ist im Moment die erfolgversprechendste Variante.
Bisherige Methoden der Leadgenerierung im klassischen Vertrieb sind
1. Messeauftritt
2. Messebesuch
3. Empfehlungsmanagement
4. Networking
Auch diese Methoden sind nun teilweise stark eingeschränkt.
1. Der Messeauftritt war vor der Krise eine der besten Möglichkeiten neue Leads zu generieren. Messebesucher hatten zumindest Interesse am Angebot und man konnte dem Zufall eine Chance geben. Wer gut Gespräche eröffnen konnte, hatte gute Chancen. Es gibt nun neue Messeformate. Diese Formate funktionieren wie Einladungen zu Messen. Der Verkäufer kann hervorragend mit bestehenden Kunden arbeiten oder mit Interessenten sprechen. Aus unserer Erfahrung in verschiedenen Online-Formaten konnten wir feststellen, dass der Leadgewinn minimal war.
2. Auch bei einem Messebesuch konnte der Vertriebsmitarbeiter bis dato Akquisition betreiben. Es war zwar schwierig die passenden Einkäufer zu treffen. Dennoch war ein Kontakt mit Geschäftsführung des Zielkunden durchaus oft hilfreich und sinnvoll. Außerdem ließen sich bei den Standbesuchen nützliche Information zum Zielkunden und die Entscheidungsbeeinflusser eruieren. Diese Informationen konnten oft bei informellen Gesprächen am Rande des Messestands eingeholt werden. Beide Möglichkeiten sind bei online Versionen von Messen (fast) nicht möglich. Oft bieten Online-Messen über Broschüren-Downloads mit Registrierung auch eine gute Möglichkeit seine Interessenten anzureichern und damit wieder für den Vertrieb neue Kontaktchancen im Markt zu eröffnen.
3. Das Empfehlungsmanagement ist eine Methode, die gerade in den jetzigen Zeiten hervorragend funktioniert. Es ist absolut möglich Geschäftspartner und Kollegen nach aktiven Empfehlungen zu fragen. Ich habe es probiert. Es funktioniert. Dabei liegt die Gesprächseröffnung auf der Hand. Der Geschäftsverlauf aller Geschäfte ist von der Pandemie beeinflusst. Es war auch noch nie so einfach zuzugeben, dass es gerade nicht so läuft ohne dabei als „Versager“ dazustehen. Gemeinsames Leiden birgt auch großes Chancen Änderungen gemeinsam aktiv zu begleiten.
4. Das Networking funktioniert normalerweise auf formell informellen Treffen. Diese Formen gibt es mittlerweile auch im Netz. Über Linkedin und Xing werden oft Meetings mit Networking Charakter angeboten. Hier ist die Erreichbarkeit der Ansprechpartner ein entscheidender Faktor. In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade diese Networking-Plattformen oft bessere Kontaktchancen ermöglichen, als die „alt gewohnten“ Kommunikationsmittel.
Fazit: Die Akquisition verlagert sich zu einem hohen Anteil ins Netz und wird dort wohl auch bleiben. Das gilt nicht für B2C im Direktvertrieb. Dort findet das Geschäft immer noch und sogar zunehmend wieder an der Haustüre statt.
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